454 Xxii. §. 9. Gleichzeitige Schwächung Frankreichs und des Papstthumö.
berufen, so bekam es auch zu fühlen, was es heißt, ein Volk ohne
Treu und Glauben und eine zur Gewalt gelangte Masse zu re-
gieren.
In früheren Zeiten würde ein solcher Kampf zwischen zwei Köni-
gen um die Krone Frankreichs sofort von dem Papst vor seinen Rich-
terstuhl gezogen und in päpstlicher Machtvollkommenheit entschieden
sein. Wieweit lag solche Möglichkeit jetzt schon dahinten. Umgekehrt
stritten sich soeben zwei Päpste um die dreifache Krone und die ganze
Christenheit fragte verwirrt und verlegen, welcher höhere Richter hier
zu entscheiden habe über zwei Männer, deren jeder sich selber für den
einigen höchsten Richter auf Erden erklärte und Gottes Stellvertreter.
Bis zum Jahr 1367 hatten die Päpste unbeweglich verharrt zu Avig-
non unter französischer Botmäßigkeit. Da aber inzwischen Frank-
reich, durch die englischen Kriege geschwächt, ihnen die Kette etwas löste
und in Italien das ganze päpstliche Gebiet in fremde Hände zu gera-
then drohte, so versuchte zuerst Urban V. nach der heiligen Stadt,
nach Rom zurückzukehren. Aber da erhob sich Widerspruch von einer
Seite, von der man es am wenigsten hätte denken sollen. Die Cardi-
näle wollten nicht wieder nach Rom. Sie waren meistens Franzosen
und hatten die weichlichen Genüsse und die schlaffe Sicherheit des süd-
lichen Frankreich so lieb gewonnen, daß sie es mit dem gefährlichen
Rom und Italien nicht vertauschen mochten. Auch Urban selber
fand es am Ende wohnlicher in Avignon und kehrte 1370 dahin zu-
rück. Aber er starb noch in demselben Jahre und sein Nachfolger
Gregor Xi. (1370—78) machte nun doch wirklich Ernst mit der
Rückkehr nach Rom. Eine neue größere Noth entstand aber mit sei-
nem Lode. Es wurde ein Papst gewählt, Urban Vi. (1378—91),
ein geborener Italiener, von dem man die Zuversicht haben konnte, daß
er nicht wieder nach Frankreich entweichen werde. Aber eine große
Partei, auch unter den Cardinäleu, war mit dieser Wahl unzufrieden
und ging hin und wählte einen andern Papst, der sich Clemens Vii.
nannte und alsbald wieder seinen Sitz in Avignon aufschlug. So
entstand die jämmerliche Papstspaltung, das päpstliche Schisma, wel-
ches länger als ein ganzes Menschenalter fortdauerte und die christliche
Welt in zwei Hälften zerriß. Der ganze Westen außer England er-
klärte sich nämlich für den französischen Papst, dagegen Deutschland
und alle übrigen Länder hielten zu dem römischen Papst Urban. Ein
jeder dieser beiden Päpste bannte und verstuchte den andern sammt
seinem ganzen Anhang. Die nächste Wirkung war, daß der Bann
alle seine Schrecken verlor. Die gesammte Christenheit lag ja jetzt
unter dem Bann, mochte sie nun von dieser oder jener Seite her ge-
bannt sein. Jeder Papst erklärte den Bann sowie alle Amtshand-
lungen des Gegenpapstes für wirkungslos. Die Fürsten und Könige
stritten über die Rechtmäßigkeit des einen oder des andern Papstes.
Die Gelehrten, besonders die Universitätslehrer in Paris, stellten Un-
tersuchungen an, wie solchem Uebel des Doppelpapstthums abzuhelfen
sei. Das Volk aber sammt der ganzen Geistlichkeit seufzte und weh-
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Extrahierte Personennamen: Urban_V. Urban Gregor_Xi Gregor Ernst Urban Clemens_Vii Urban
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Frankreichs Gottes Italien Rom Rom Frankreich Rom Italien Avignon Rom Frankreich Avignon England Deutschland Paris
Xxii. §. 10. Die großen Kirchenversammlungen und die Hussiten. 457
Das zweite zu Kostnitz, 1415—18, saß drei Jahre und meinte ein
Großes gethan zu haben, da es den mit Lastern und greulichen Ver-
brechen wie mit einem unflätigen Gewand überkleideten Papst Jo-
hann Xxiii. absetzte und die beiden anderen Päpste zur Abdankung
bewog. Aber wie wenig es selbst in der Wahrheit stünde, bewies
das Concil in jammervollster Weise dadurch, daß es den Zeugen der
Wahrheit, Johann Huß, elendiglich als einen Ketzer verbrannte.
Das dritte Concil zu Basel, 1431—49, saß gar achtzehn Jahre.
Aber obgleich es eine Menge heilsamer kirchlicher Gesetze zur Abstel-
lung der gröbsten Uebelstände gab, fand cs doch kein Heilmittel wi-
der den Hauptschaden. Es gerieth vielmehr in Zerwürfniß mit dem
Papst, in Zerwürfniß mit sich selber und mit einem großen Theil der
Christenheit, und trat, nachdem es in den letzten Jahren eine kläg-
liche Rolle gespielt, mit Schimpf und Schande wieder vom Schau-
platz ab.
Das erste Concilium, zu Pisa, hatten die Cardinäle ausgeschrie-
den und zwar die römischen und französischen Cardinäle in Gemein-
schaft, denn es lag ihnen wirklich daran, die Einheit und dadurch die
Macht und den Einfluß des Papstthums wiederherzustellen. Nachdem
sie nun zu Pisa den Papst Alerander V. gewählt hatten, betrug
der sich sogleich wieder als Herr des Concils, löste es auf und tröstete
die erschrockenen Reformfreunde mit der Aussicht auf ein bald zu beru-
fendes neues Concil, wo die Reformation der Kirche sollte in Bera-
thung gezogen werden. Er wußte nur zu gut, daß die Leute, die in
Pisa versammelt waren, auch keine Heilige seien, und kannte die Ränke
und Schleichwege sehr genau, durch die man bei ihnen Vieles und Alles
durchsetzen konnte. Als dann nach Alepa nder's Tode 1410 der
Cardinal Balthasar Cossa, einer der verrufensten und schändlich-
sten Menschen, Papst geworden war (er nannte sich Johann Xxiii.),
ward er zwar durch das Drängen des Kaisers Siegmund, durch
die lästigen Anforderungen der Pariser Universität und durch den an-
dauernden Streit mit den anderen beiden Päpsten gezwungen, das Con-
cil nach Coftnitz zu berufen, aber er that es mit der Absicht und in der
Hoffnung, auch dort Alles in eine bloße Spiegelfechterei zu verkehren und
die Versammlung so bald als möglich wieder aufzulösen. Das gelang
ihm nun zwar nicht. Zu gewaltige Schaaren von gelehrten und ge-
wandten Geistlichen und Laien waren dort aus allen christlichen Ländern
zusammengeströmt (an 80,000 Menschen), die nicht so leicht mit sich
umspringen und sich wieder nach Hause schicken ließen. Der Kaiser
Siegmund in aller Pracht seiner glänzenden äußern Erscheinung
hielt dort seinen Hof und die angesehensten deutschen Fürsten mit ihm.
Gesandte aus allen Ländern, aus Griechenland und aus Schottland,
aus Schweden und aus Cypern, aus Portugal und aus Rußland wa-
ren mit ihrem zahlreichen Gefolge erschienen. Weiter aber lagerte auch
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Extrahierte Personennamen: Johann_Huß Johann Alerander_V. Balthasar_Cossa Johann_Xxiii Johann Siegmund Siegmund
512 Xxm. tz. 12. Krieg wider die Protestanten.
Karl's und Ferdinand's. Wie ganz Oestreich und Böhmen von
evangelischen Verneinungen erfüllt war, so erhub trotz aller Scheiter-
haufen und Marterwerkzeuge in Karl's Niederlanden die evangelische
Gesinnung immer unzweifelhafter das Haupt. Besonders seitdem
(1545) der ehrenwerthe Erzbischof und Kurfürst Hermann von
Köln den Entschluß gefaßt hatte, die Reformation in seinem Lande
einzusühren. Die Bisthümer Paderborn und Münster würden ge-
folgt sein. Der neuerwählte Erzbischof und Kurfürst von Mainz schien
nur eines solchen Beispiels zu bedürfen, um denselben Schritt zu thun.
Der Kurfürst von der Pfalz erklärte sich schon ganz entschieden evan-
gelisch. Schon wurde in Metz eine Reformation versucht. Wie hätte
Trier, wie hätte Utrecht, wie hätten die niederländischen Provinzen sich
länger unter katholischem Drucke halten lassen? Hier war cs für
Karl nothwendig geworden, zu einer Entscheidung zu kommen, entwe-
der in seinem eignen Lande den Protestantismus frei zu geben — aber
wie hätte er dann die Herrschaft in Spanien, in Italien, wie hätte
er die Kaisergewalt behaupten mögen? — oder den Protestantismus
aus allen Kräften zu bekämpfen. Ein anderer Grund. Seine ganze
Politik war seit einer langen Reihe von Jahren darauf hingegangen,
den Papst durch die Protestanten, die Protestanten durch den Papst
zu bedrohen, sie so beide seines Schutzes bedürftig zu machen, sie sei-
ner Leitung unterzuordnen. Nicht war er gemeint, das ganze katho-
lische System unverändert bestehen zu lassen. Er wollte es reformi-
ren, er wollte auch den päpstlichen Hof reformiren, aber dann sollten
auch die Protestanten sich mit den für die gesammte Kirche angeord-
neten Verbesserungen begnügen; es sollte wieder eine Einheit zu
Stande gebracht werden, und er der Kaiser wollte die wiederverei-
nigte Christenheit mit verstärkter Machtfülle beherrschen. Das Mit-
tel aber, wodurch er die Wiedervereinigung herbeiführen wollte, war
ein allgemeines Concilium, das unter seiner kaiserlichen Einwirkung
gehalten würde. Dies Concilium zu Stande zu bringen, darauf hin
waren alle seine Bemühungen seit vielen Jahren gerichtet gewesen.
Jetzt ward es eröffnet im December 1545. Aus Furcht vor der Rache
des Kaisers, der jetzt mit dem König von Frankreich, dem bisherigen
Schutzherrn und Bundesgenossen des Papstes, ausgesöhnt war, hatte
Papst Paul Iii. sich endlich entschlossen, das Concilium zu Trient zu
sammeln. Der Kaiser hoffte es ganz nach seinen Wünschen leiten zu
können. Da lag ihm aber Alles daran, daß die Prote ftanten das
Concilium beschickten und sich dessen Aussprüchen unterwarfen. Hät-
ten sich aber die Protestanten hierzu herbeilassen dürfen? Nimmer-
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Extrahierte Personennamen: Hermann_von
Köln Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Karl's_Niederlanden Mainz Spanien Italien Frankreich
Xxhi. §. 5. Hemmungen und Spaltungen in Deutschland und der Schweiz. 493
bayerischen Herzöge mit dem Papst erweiterte sich. Auch der Kurfürst
von Mainz und die Herzoge von Braunschweig und Sachsen schlossen
Bündnisse zur Aufrechthaltung der katholischen Lehren und Gebräuche.
Dem gegenüber traten auch die evangelischen Fürsten zusam-
men, der Kurfürst von Sachsen und Philipp von Hessen, eine
große Anzahl niederdeutscher Fürsten und Städte, auch mehrere ange-
sehene Städte des Oberlandes. Und als nun endlich 1526 ein neuer
Reichstag zu Speier gehalten wurde, und kaiserliche und päpstliche
Commiffare die Wiederherstellung einer vollständigen Einigung aller
Deutschen wiederum verhinderten, da kam es zu einer völligen und
nicht wieder auszulöschenden Spaltung Deutschlands. Jedem Fürsten,
jeder Stadt wurde es überlassen, in kirchlichen Dingen sich nach
eignem besten Wissen und Gewissen zu verhalten; eine Einheit und
Gleichförmigkeit in Sachen der Religion wurde von den Deutschen
aufgegeben.
Der böse Feind und Widersacher des Reiches Gottes hatte dafür
gesorgt, daß nicht bloß in Deutschland das gesegnete Werk der Refor-
mation Anlaß wurde zu Trennungen und Spaltungen der traurigsten
Art, sondern daß an vielen anderen Orten das engst Verbundene durch
die kirchliche Umgestaltung aus einander gezerrt wurde, das Zusam-
mengehörige und Verbrüderte in Haß und Feindschaft aus einander
trat. So war es in der Schweiz. Zwingli's neue Gottesdienstord-
nung, Verfassung und Lehre war auch in Basel angenommen, auch in
Bern, und eine ganze Menge kleinerer und größerer Cantone erklär-
ten sich nach und nach ebenfalls dafür. Aber andere, insonderheit die
ältesten und deshalb angesehensten Cantone wollten durchaus von keiner
Neuerung wissen. Da sie sich selbst nicht stark genug hielten, verbün-
deten sie sich mit ihrem alten Erbfeinde, mit Oestreich, um dem Um-
sichgreifen der evangelischen Neuerung zu wehren. Mehrere Jahre ha-
den die Kräfte beider Parteien sich gemessen und die Entscheidung hat
geschwankt. Endlich ist es auch in der Schweiz zu demselben Ausgang
gekommen, wie in Deutschland. Der größere Theil der Cantone blieb
katholisch, der andere Theil hielt treu zum evangelischen Bekenntniß.
Nun hätte man denken sollen, daß durch diese religiösen Spaltungen
wenigstens das politische Band zwischen den beiden gleichartigen Hälften
in Deutschland und der Schweiz wieder festgeknüpft werden würde.
Aber auch das geschah nicht. Die katholischen Schweizer hielten sich
nach wie vor entfernt von den katholischen Deutschen ; und die evangelischen
Schweizer geriethen sogar in offenbaren Gegensatz gegen die deutschen
Anhänger Luther's. Gleich zwischen Zwingli und Luther entspann
sich ein persönlicher Streit. Es sah sich so an, als drehe sich dieser
Kampf, der bis auf den heutigen Tag die Reformirten und Lutheraner
getrennt hält, lediglich um die Lehre vom heiligen Abendmahl. Darüber
sind auch in der That die heftigsten Schriften gewechselt, die härtesten
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Extrahierte Personennamen: Xxhi Philipp_von_Hessen Philipp Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweiz Mainz Sachsen Sachsen Deutschlands Deutschland Schweiz Basel Bern Deutschland Deutschland
538 Xxiv. §. 6. Philipp n. und die Guisen in Frankreich.
Hause Valois in Frankreich vielfach verschwägert und beherrschten
während der kurzen Regierung Franz Ii. (1559—60) ganz Frank-
reich. Nun waren aber diese guisischen Prinzen, die Brüder Franz
und Karl Gui se, die entschiedensten Vorkämpfer des Katholicismus.
Die Verfolgungen, welche sie über die evangelisch Gesinnten — man
nannte sie in Frankreich Hugenotten — ergehen ließen, waren so
grausam, so übermüthig, so schonungslos, daß ganz Frankreich von
Abscheu und Widerwillen gegen das guisische Regiment ergriffen
wurde. Man fand es unerträglich, daß diese fremden Prinzen alle
Gewalt im Lande an sich rissen, während die einheimische, dem Hause
Valoiö nahe verwandte Linie Bourbon zurückstehen mußte. Als
daher der kränkliche achtzehnjährige König Franz Ii. starb und sein
zehnjähriger Bruder Karl Ix. eine neue vormundschaftliche Regierung
nöthig machte, so sahen sich die Guisen alsbald aus ihren hohen
Aemtern verdrängt, und die Bourbons begannen in Gemeinschaft
mit der Königin Katharina die höchste Gewalt zu üben. Die
bourbonischen Prinzen aber neigten sämmtlich zum Protestantis-
mus, waren zum Theil entschiedene Protestanten. Ihre Führer Anton
von Navarra und Conde brachten durch eine Art Vertrag ein
Edict zu Stande (zu St. Germain 1562), welches den Protestanten
wenigstens Duldung und eine beschränkte Religionsfreiheit gestattete.
Aber von diesem Augenblick begannen die Kämpfe *), begann ein Um-
schwung, der das innerste Wesen der reformirten Kirche Frankreichs
berührte. Aus dem Kampf zwischen den beiden Kirchen wurde ein
Kampf der beiden politischen Parteien, aus dem duldenden Widerstand
der Protestanten gegen die grausamen Verfolgungen der Katholiken
ward ein zuchtloser Parteikampf der Bourbonen gegen die Guisen,
ward ein Bürgerkrieg, der 15, der 30 Jahre hindurch Frankreich zer-
fleischt hat, der alle wilden Leidenschaften, Ungerechtigkeit, Haß, Rache,
Blutdurst, Verachtung der Obrigkeit, Vernichtung aller heiligen Bande
der Natur und des Vaterlandes hervorgerufen und dem französischen
Protestantismus jenen Charakter von Wildheit und abenteuerlicher
Waghalsigkeit beigemischt hat, der erst in dem furchtbaren Schmelz-
seuer neuer schrecklicher Bedrückungen wieder gereinigt und geweiht
*) Der Anlaß zu den französischen Religionö- und Bürgerkriegen war dieser.
Kanin war das Edict von St. Gerniaiu gegeben, so schwuren die Guisen und
ihr Anhang, daß sie es nimmer würden zur Geltung kommen lassen. Bei
der ersten Gelegenheit, da sie eine protestantische Gemeinde ihren Gottes-
dienst halten sahen, richteten sie ein Blutbad unter den Kirchengängern an.
Da brach der Bürgerkrieg aus.
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Franz_Ii Franz Franz Franz Karl_Gui Karl Franz_Ii Franz Karl_Ix Karl Katharina Anton
von_Navarra Germain
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frankreich Frankreich Frankreichs Frankreich
570 xxv. §. 4. Deutschlands Elend und die Anfänge des Rationalismus.
reich gebracht und reichlich gedüngt hatte, erlebte Ludwig Xiv. nicht
mehr. Aber der Regent und Vormund des minderjährigen Nachfol-
gers, Herzog von Orleans (ff 1723), und darnach Ludwig Xv. selbst
(ff 1774) haben redlich das Ihrige zum Gedeihen dieser höllischen
Pflanzung beigetragen durch eine über alles Maß, über allen Glauben
hinausgehende Schamlosigkeit des öffentlichen Lebens, durch eine Ruch-
losigkeit und viehische Gemeinheit, die man außer bei ihren elenden
Nachäffern wohl nur noch bei den niedrigsten Lüstlingen des zusammen-
stürzenden alten Römerreichs gefunden hat. Diese Menschen hatten
ganz Frankreich in ihr Luderleben mit hineingezogen und einen Pest-
hauch über die Tausende von Familien ausgegoffen, deren blühende
Schönheiten sie aus allen Provinzen herantreiben ließen, um sie zum
augenblicklichen Sinnenkitzel zu mißbrauchen und sodann in lebenslange
Schande hinabzustürzen. Die Thränen, die Verzweiflungsschreitz der
gemordeten Unschuld, das teuflische Aufjauchzen befriedigter Fleisches-
brunst, die Flüche und Lästerungen widerchriftlicher Spötter, welche
Tag aus Tag ein aus den königlichen Palästen und aus den Schlössern
der Großen ausstiegen — sie sind nicht wie ein Dampf, wie ein Nebel
verzogen, sondern sie haben sich wie ein tiefes schwarzes Gewölk immer
dichter und dichter über die Dächer und Häupter der Fürsten gesam-
melt, bis dann endlich, endlich der Wetterstrahl des Gerichts aus den
Wolken daherfuhr, und all das schuldbeladene Gelichter zermalmend
traf und niederwarf.
§. 4. Deutschlands Elend und die Anfänge des Ratio-
nal i s m u s.
Wenn wir jetzt von dem mächtig aufstrebenden Westreich wieder
nach unserm Vaterland hinüberblicken, so möchte wohl die Seele von
Zorn und Schmerz erfüllt werden. Denn wo man auch hinsieht,
heißt es Jcabod — die Herrlichkeit ist dahin. Das Volk, welches einst
unter seinen herrlichen Kaisern Italien, Frankreich, Ungarn, Polen und
Dänemark Gesetze vorschrieb, ist jetzt zu einer politischen Null gewor-
den. Der hochmüthige Franzose, der durch den schmachvollen Rhein-
bund alle westlicheren Fürsten und Kurfürsten Deutschlands unter sei-
nen Gehorsam gebracht hatte, schaltete und waltete mit unverhehltem
Hohne im Mittlern und südlichen Deutschland als Herr und Gebie-
ter. Das ganze linke Rheinufer betrachtete Ludwig Xiv. schon als sein
Eigenthum. Als er gegen Holland Krieg führen und doch Belgien
nicht berühren wollte, machte er ohne weiteres Neuß zu seinem Waf-
fenplatz, Jülich und Cleve erfüllten sich mit fraitzösischen Bataillonen,
und die deutschen Reichsfürsten schwiegen dazu. Vielmehr, sie gaben
selber ihre Zustimmung, zogen selber mit gegen Holland und strichen
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xv. Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Deutschlands Italien Frankreich Ungarn Polen Deutschlands Hohne Deutschland Holland Holland
Xxiv. §, 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich. 543
noch drei Katholiken gefunden haben. Ferdinand aber selbst, ein
Zögling der Jesuiten, war sofort entschlossen, sein ganzes Land wieder
katholisch zu machen. Trotz aller Warnungen, Drohungen, Bitten
begann er sogleich mit der Ausweisung sammtlicher evangelischer Pre-
diger. Dann ward der evangelische Gottesdienst im ganzen Lande,
in Steiermark, Kärnthen und Krain bei Todesstrafe verboten. Eine
Commission mit einer Schaar Bewaffneter durchzog das Land. Wer
nicht katholisch werden wollte, mußte sogleich das Land verlassen. In
Kurzem waren die genannten Lande wieder vollkommen katholisch. Da
ermannte sich auch Kaiser Rudolf zu gleichen Maßregeln. Das
östreichische Erzherzogthum ward in gleicher Weise katholisch gemacht wie
die südlichen Provinzen. Schon versuchte man die gleichen Mittel
auch in Böhmen und Ungarn. Und wäre unter solchen Umständen
wohl Gerechtigkeit und Unparteilichkeit von Seiten der höchsten kaiser-
lichen Gerichte zu erwarten gewesen, wenn katholische Klagen wider
protestantische Fürsten und Städte im deutschen Reich angebracht
wurden? Sowohl das Reichskammergericht, als der Reichshofrath
zeigten von Tage zu Tage eine katholischere Färbung. Als in der pro-
testantischen Reichsstadt Donauwörth ein Tumult gegen den katholi-
schen Abt ausgebrochen war, der es wagte, eine feierliche Procession
durch die Stadt zu führen, wurde ohne Weiteres die Acht über die un-
glückliche Stadt ausgesprochen; der erzkatholische Herzog Maximilian
von Bayern eroberte sie und behielt sie und rottete sofort derl Protestan-
tismus aus. Da erhoben sich denn freilich die protestantischen Für-
sten und schlossen auf's Neue (1607) einen Waffenbund — die Union
— um ihr gutes Recht gegen die Ungerechtigkeit der Katholiken zu
vertheidigen. Aber die Katholiken schlossen nicht minder ein Bündniß
gegen die Protestanten, die Liga. Fortan war Deutschland in zwei
feindliche Lager gespalten, keine gemeinsame Handlung konnte mehr
vorgenommen, kein Reichstagsbeschluß mehr erzielt werden; die Ein-
heit des deutschen Reichs war zerbrochen.
Stehen wir an diesem Punkt einen Augenblick still und besinnen
uns, welch einen heftigen und gewaltsamen Verlauf die Dinge in dem
letzten halben Jahrhundert genommen haben. Bis in die vierziger
Jahre des sechzehnten Jahrhunderts fanden wir den Protestantismus
in fortwährendem Vordringen nach allen Seiten. Die Verluste, die er
an einzelnen Punkten erlitten hatte, waren durch Eroberungen an an-
deren Punkten reichlich wieder vergütet. Selbst der mächtige Kaiser
Karl mußte sich den Forderungen der Protestanten fügen. Der ganze
Norden gehörte bereits der evangelischen Kirche. Nach Heinrich's
Viii. und Franz' I. Tode (1547) schien sie auch in England und
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Rudolf Rudolf Maximilian
von_Bayern Maximilian Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Polen Krain Ungarn Reichsstadt_Donauwörth Deutschland England
548 Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630—32.
sich her in die niederdeutschen Gebiete gezogen hätten. Christian
von Anhalt, Christian von Braunschweig und Halberstadt, der Graf
von Mansfeld, der Markgraf von Baden, die sind es, welche zuerst die
Greuel des dreißigjährigen Krieges herbeigeführt. Mansfeld stellte
zuerst den Grundsatz auf, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse,
und gab das Beispiel zu jenen gräßlichen Räubereien und Brand-
schatzungen, durch welche solch unsägliches Elend über Deutschland ge-
bracht ist. Die Gewaltthaten und Zügellosigkeiten des halberstädtischen
Christian in Niedersachsen und Westphalen, wo noch gar keine Ver-
anlassung zum Kriege vorlag, zeigten dem katholischen Heere den Weg
in die nördlichen Landschaften. Nachdem der ligistische Feldherr Tilly
den Markgraf von Baden zur Ruhe gebracht, den Mansfeld über
den Main hin vor sich hergejagt, erschien er mit seinem katholischen
Heer an den niedersächstschen Grenzen. Mansfeld und Christian
waren nach den Niederlanden entwichen, und wären sie nur da geblie-
den! Aber in unseliger Fehdelust, von dem hinterlistigen Frankreich,
welches Oestreich schwächen wollte, aufgereizt, mit niederländischem Gelde
versehen, brachen sie mit ihren wilden Räuberschaaren wieder in's Ost-
friesische und Westphälische hinein, so daß selbst die protestantischen
Stände sich gegen sie zur Wehre setzen mußten. Und nun zum Ueber-
stuß kam auch der dänische König, ebenfalls von den Franzosen be-
trogen, in's deutsche Reich hereingerückt, ward aber von Tilly bei
Lutter am Barenberge gänzlich geschlagen (1626). Nun verwandelte
sich aber die bisherige Vertheidigung der Katholiken erst recht in einen
Angriffskrieg; nun stellte auch der Kaiser unter dem dämonischen
Manne Albrecht von Wallenstein ein eignes Heer auf, und von
Osten wie von Westen her ergossen sich nun die katholischen Waffen
über das ganze nördliche Deutschland, bis an die Nordsee und an die
Ostsee, ja durch Schleswig bis nach Jütland, und nur das Kattegat
setzte ihrem weitern Vordringen eine Grenze. Da hatte es auch der
Kaiser keinen Hehl mehr, daß er diese ihm selbst unerwartete Fülle
von Macht und Sieg zur Aufrichtung einer solchen Kaiserherrschaft zu
gebrauchen gedenke, wie Deutschland sie seit Jahrhunderten nicht mehr
gesehen, wie Karl V. sie auf dein Höhepunkt seiner Macht kaum einen
Augenblick besessen hatte. Der Papst und die ganze katholische Welt
jauchzte, daß nun die Zeit gekommen sei, wo die ganze abgefallene
Christenheit wieder unter den Gehorsam der Kirche könnte gebracht
werden, und schon erschien das Rest itutio n se d ic t, wonach alle
norddeutschen ehemaligen Bisthümer, Abteien und Stifter der katholi-
schen Kirche sollten zurückgegeben werden (1629).
§. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630—32.
Fragen wir nach dem Grunde all des unsäglichen Mißgeschicks,
welches bis hierher schon über Deutschland hereingebrochen war, so
ist es die völlige Auflösung der deutschen Einheit. Seitdem Katho-
liken und Protestanten sich wieder wie zwei feindliche Heere gegen-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Christian
von_Anhalt Christian_von_Braunschweig Christian Tilly Christian Oestreich Tilly Albrecht_von_Wallenstein Albrecht Karl_V. Karl_V. Gustav_Adolf Gustav Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Halberstadt Mansfeld Baden Mansfeld Deutschland Niedersachsen Baden Mansfeld Main Mansfeld Frankreich Deutschland Nordsee Ostsee Deutschland Deutschland Deutschland
552 Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges.
anderes Elend als das des dreißigjährigen Krieges würde dem Umsturz
der deutschen Verfassung und der Untergrabung des deutschen Wesens
gefolgt sein.
§. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges.
Nach Gustav Adolf's Tode hatte sein Kanzler Orenstierna
die politische, der Herzog Bernhard von Weimar die militärische
Leitung der schwedischen Angelegenheiten übernommen. Aber das Ver-
trauen der Protestanten zu den Schweden war dahin. Ein Jeder
wünschte, daß sie doch nur Deutschland wieder verlassen möchten. Beson-
ders nach Wallenstein's Tode, da die Furcht vor den kaiserlichen Heeren
sich minderte und auch der Kaiser friedfertigere Gesinnungen offenbarte,
ward es dem schwedischen Kanzler schwer, die deutschen Fürsten noch
im schwedischen Interesse zusammenzuhalten. Nur die Furcht vor der
schwedischen Kriegsmacht verhinderte noch die förmliche Lossagung der
Deutschen von den Schweden. Als aber die letzteren in der Schlacht
bei Nördlingen durch den Sohn des Kaisers Ferdinand auf's
Haupt geschlagen waren, da schlossen sich die Deutschen sogleich mit
Freuden an den Kaiser an. Kursachsen voran, schlossen sie den
Frieden zu Prag (1635), wodurch der augsburger Religionsfriede be-
stätigt, das Restitutionsedict zurückgenommen und aller Anlaß zu Kla-
gen der Protestanten wider katholische Bedrückungen aus dem Wege
geräumt wurde. Fast ganz Deutschland, auch alle protestantischen
Fürsten und Städte traten diesem Frieden bei. So war also jede
Ursache zur weitern Fortsetzung des Krieges entfernt. Nach 17 lan-
gen Leidensjahren hätte unser Deutschland einer lang ersehnten Ruhe
genießen können, wenn — Schweden und Franzosen nicht gewesen
wären. Die Schweden wären wohl noch aus dem Reiche zu ver-
jagen gewesen; sie waren auch selbst des Krieges müde, und hätten
gern Frieden gehabt, wenn ihnen nur eine erwünschte Entschädigung,
etwa die deutschen Ostseeländer wären eingeräumt worden. Aber
was hätte Frankreich bewegen sollen, seine Kriegspläne aufzugeben?
Bisher hatte dieser Erzfeind des deutschen Namens nur von ferne ge-
standen und voll Freuden das Feuer geschürt, welches Deutschland
verzehrte. Jetzt entschloß er sich, mit eignen Streitkräften in's Feld
zu rücken, um so viel als möglich von dem deutschen Gebiet abzurei-
ßcn und mit Frankreich zu vereinigen. Und schon fand sich unter den
Deutschen selbst ein bethörter Fürst, der um eines schnöden Gewinnes
willen, den man ihm vorspiegelte, sein Vaterland an den welschen
Nachbar verrieth, um dann spater, wie es Verräthern geht, schmäh-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf's Gustav Bernhard_von_Weimar Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Deutschland Schweden Deutschland Deutschland Schweden Frankreich Deutschland Frankreich
Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. 627
abgebrochen wurden, als Oe streich sich entschieden auf die Seite der
Verbündeten stellte, und schon zog die große Hauptarmee unter dem
Fürsten Schwarzenberg aus Böhmen über die trennenden Berge
nach Sachsen hinein, um den heiligen Kampf im Verein mit den
Brüdern zum sieghaften Ende zu bringen. Und nun folgten die Sie-
gesnachrichten Schlag auf Schlag, und die dazwischen sich mengenden
Botschaften von einzelnen Verlusten und Niederlagen wurden immer
gleich wieder von neuem Siegesjubel überwogen. Blücher, der
deutsche Heldengreis, machte den Anfang mit seinem großen und
ruhmvollen Sieg an der Katzbach; die Generäle Oftermann und
Kleist von Nollendorf vernichteten die französische Heeresabtheilung
des Vandamme in der Ebene von Culm, wohin das böhmische
Heer sich nach der Schlacht bei Dresden wieder hatte zurückziehen
müssen. Bülow aber, mit der Beterschaar des theuren Vater Jä-
nicke hinter sich, schlug die gegen Berlin heranziehenden Marschälle
Oudinot und Ney erst bei Groß-Beeren, dann beidennewitz
mit der preußischen Landwehr so vollständig, daß dieser ganze Hee-
restheil fast aufgerieben wurde. Das geschah alles in den letzten Ta-
gen des August und Anfangs September. Es waren die Vorübun-
gen zu dem großen Kampf, der noch bevorftand gegen den Schlach-
tenmeister, den Napoleon selber. Der stand noch in Dresden und
versuchte es, während des September bald in Böhmen, bald in Schle-
sien einzudringen, bald rechts, bald links sich freie Bahn zu machen,
aber vergebens. Das Netz wurde fester und fester um ihn herumge-
zogen. Die drei Armeen, die bisher in Böhmen, Schlesien und nörd-
lich an der Elbe vertheilt gewesen waren, zogen jetzt von allen Seiten
heran, um sich bei Leipzig zu vereinigen. Blücher mit seinem schle-
sischen Heere stieß zur Nordarmee, suchte den zaudernden B er nadotte
mit sich fortzureißen, erzwang durch Aork's kühne Waffenthat bei
Wartenberg den Uebergang über die Elbe, und rückte dann von Nor-
den her, gleichwie Schwarzenberg von Süden her in die Ebene
von Leipzig. Auf diesen weitgestreckten Flächen, wo schon so manche
blutige Schlacht geschlagen war, sollte auch der große Entscheidungs-
kampf geschehen, da das in zwei feindliche Hälften zerspaltene Europa
einander gegenüber stand. Der Tag des Gerichts über den Verder-
der war endlich gekommen. Er fühlte seine Schläge schon im eignen
Herzen. Von Verzweiflung zum Trotz, von Hoffnungslosigkeit zum
Uebermuth hin und her schwankend, war er selbst seiner eignen Um-
gebung fürchterlich geworden. Nur mit finsterm Widerwillen oder
bangem Zweifel gehorchten ihm noch seine Generäle ; im ganzen Heere
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TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]
Extrahierte Personennamen: Schwarzenberg Bülow August Napoleon Schwarzenberg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Sachsen Dresden Berlin Dresden Schlesien Leipzig Wartenberg Leipzig Europa